Etwa die Hälfte der mongolischen Bevölkerung, rund 1.5 Millionen, lebt in der Hauptstadt Ulan Bator. Da die Stadt stetig wächst und der öffentliche Verkehr nicht gut ausgebaut ist – es gibt keine Metro und Busse sind total überfüllt – besitzen die meisten ein eigenes Auto. Die Infrastruktur ist jedoch nicht für diese Menge ausgelegt. Beinahe zu jeder Tageszeit staut sich der Verkehr und ist dabei auffällig ungeordnet: geblinkt wird nur im äussersten Notfall, umso mehr ertönt ein Hupkonzert.
Da ist es wenig erstaunlich, dass Smog besonders im Winter ein Problem ist, zumal – bei Temperaturen von bis zu -40°C – mit Kohle geheizt wird. Diese ist neben Kaschmir wichtigstes Wirtschaftsgut. Als Massnahme zur Stau- und Abgasverminderung wurde eine Begrenzung eingeführt. Die Endziffer im Nummernschild besagt, an welchem Wochentag das Auto nicht fahren darf. Weiter plant die Regierung, statt die Probleme wirklich anzugehen, eine neue, grüne Hauptstadt, 30 Kilometer von der heutigen entfernt. Dabei ist die Hauptstadt erst seit 1911 am jetzigen Standort.
Zum ersten Mal in Irkutsk aufgefallen, ist es hier auch so, dass viele Gefährte rechtsgesteuert sind. Dies weil sie aus Japan importiert werden. Gefühlte 90% der Fahrzeuge sind Toyota Prius. Den Rest bilden ebenfalls Toyotas oder die kleinen, petrolfarbigen Hyundai-Pickups der Nomaden.
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Auf unserer 4-tägigen Tour waren wir mit einem UAZ-452 (ja, ich musste den Typ nachschauen) unterwegs. Obwohl das Äussere wie auch das Innere uralt wirkte, wurde unser Exemplar erst im Jahre 2013 produziert. In der Mongolei findet man vier Landschaftsformen: Wald, Steppe, Gebirge und Wüste. Die Tour führte uns in ein Gebiet westlich der Hauptstadt, wo diese aufeinander treffen.
Zuerst fuhren wir aber 300 Kilometer über eine zwar geteerte, allerdings unebene Strasse. Wenn man mal das Verkehrschaos hinter sich gelassen hat, weichen die Häuser sehr schnell einer hügeligen und kargen Graslandschaft. Bäume sucht man vergebens. Abgesehen von Stromleitungen und hie und da einer vereinzelten Jurte, gibt es keine Hinweise auf menschliches Leben. Dafür sieht man Unmengen von Schafen, Ziegen, Rindern und Pferden. Nach etwa fünf Stunden Fahrt erreichten wir das Jurtencamp am Fusse des Hogno Han Gebirges. Zum Mittagessen gab es Buuz. Von Reiseführer und Fahrer lernten wir, dass diese Teigtaschen von Hand gegessen werden. Zuerst beisst man sie an und schlürft die Suppe darin aus, um anschliessend die Tasche zu essen.
Am Nachmittag besuchten wir das Kloster Ovgon, welches auf drei Seiten vom Gebirge umschlossen wird. Zwischen den knorrigen Bäumen grasen Kühe. Die farbigen, verwitterten Fähnchen wehen in der leichten Brise. Es herrscht eine idyllische Ruhe. Das Foto lässt diese unvergessliche Stimmung leider nur erahnen.
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Hier lernten wir Einiges über den Buddhismus. Jedes Kloster und jeder Tempel hat zum Beispiel über dem Eingang zwei Hirschfiguren, in deren Mitte das Rad des ewigen Lebens steht, sowie die Zeichen für Feuer, Wasser und Natur. Ein Löwe oder ein Drache an beiden Seiten des Eingangs schützen vor Bösem. Man soll sich immer im Uhrzeigersinn durch einen Tempel oder ein Kloster bewegen und den Göttern nie den Rücken zuwenden, somit rückwärts aus der Türe gehen. Die Zahlen 3 und 108 haben eine grosse Bedeutung im Buddhismus. Eine Gebetsmühle ist dreimal zu drehen. Damit habe man eine Sutra hundertachtmal gelesen.
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Tags darauf ging es zur nahe gelegenen Wanderdüne, welche die zweitgrösste Wüste der Mongolei ist. Dort besuchten wir eine Nomadenfamilie. Es gehört sich, ein kleines Geschenk mitzubringen. Dieses ist mit beiden Händen zu überreichen. Uns wurden die berüchtigte vergorene Stutenmilch "Airag" (gar nicht so schlimm), Öröm mit Boortsog (Milchhaut mit Gebäck, passt gut) und Plättchen aus getrocknetem Quark serviert. Diese sehen aus wie Sablés, haben aber einen intensiven, säuerlichen Geschmack, weshalb jeder Biss eine Überwindung war. Auf dem Holzfeuer köchelte ein stark nach Lamm riechender Eintopf, von dem wir glücklicherweise nichts angeboten bekamen. Die Jurte war mit Teppichmuster-Linoleum ausgelegt und entlang der Wand standen mehrere Holzmöbel. Es konnten auch unerwartete Gerätschaften ausgemacht werden: Fernseher, Bügeleisen, Selfiestick und sogar eine Tiefkühltruhe. Strom gibt es von der draussen stehenden Solarzelle/Autobatterie.
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Die Nomaden ziehen mehrmals pro Jahr um. Heutzutage transportiert man die Jurte und alle weiteren Gerätschaften per Pickup. Die mehrere hundert Tiere umfassenden Herden werden aber weiterhin zu Fuss, mithilfe von Pferd oder Motorrad zum neuen Standort getrieben. Für den Grossteil des Jahres können sich die Tiere frei auf dem Land bewegen. Im Winter zäunt man sie wegen der Kälte ein. Vielerorts konnten wir beobachten, wie der Umzug für den Winter entweder vorbereitet wurde oder bereits im Gange war. Eine Jurte kann in nur einer Stunde aufgebaut werden und dies ohne Nägel. Stattdessen verwendet man eine Art Splinte aus hartem Schafsleder. Isoliert sind die Jurten mit Schafswolle, was man gut riechen konnte. Die Tür ist immer nach Süden ausgerichtet. Einerseits komme von dort das Schlechte und andererseits dient dies der Orientierung. Auf die Schwelle zu stehen oder zwischen den zwei Stützen hindurchzugehen bringe Unglück.
Nach unserem Besuch bei der Nomadenfamilie fuhren wir zur ehemaligen mongolischen Hauptstadt Karakorum. Diese war anfangs des 13. Jahrhunderts an der Kreuzung zweier Handelsrouten gebaut worden. Während in Europa das finstere Mittelalter herrschte, hatten die Häuser hier bereits ein Heizungssystem im Boden und es galt Religionsfreiheit. So befanden sich buddhistische Tempel, Kirchen und Moscheen in der Stadt. Es gibt Berichte über einen Silberbrunnen mit vier Hähnen, aus denen alkoholische Getränke flossen. Nach dem Zerfall der Stadt wurde Ende des 16. Jahrhunderts auf demselben Gebiet das Kloster Erdene Zuu erbaut. Die Mauer besteht aus 108 Stupas, für deren Bau Steine der alten Hauptstadt verwendet worden waren. Die grosse Stupa innerhalb der Mauern ist die Grabstätte des Herrschers, der das Kloster bauen liess. Das Kloster hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Heute sind in den Mauern noch vier der ursprünglich 62 Tempel erhalten. Sie dienen als Museum. An den Wänden oder auf Baumwolle gemalt, kann man Darstellungen der zehn Schutzgötter betrachten. Zudem sind verschiedene Statuen, wie die Göttin für ein langes Leben oder Buddhafiguren für Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft ausgestellt.
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Unterwegs sahen wir neben den Herden der Nomaden viele Bussarde, Erdhörnchen, Aasgeier und einen Wüstenfuchs. Zum Abschluss ging es in den Hustai Nuruu Nationalpark, um die Przewalski-Pferde zu sehen. Diese waren in freier Wildbahn ausgestorben und wurden in den 90er-Jahren erfolgreich wieder ausgewildert. Wir bekamen sie aus nächster Nähe zu sehen, was den krönenden Abschluss dieser eindrücklichen Tour bildete.
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