Was als kleines, gemütliches Schulreisli begann, endete im Bezirksgericht von West Australien. Ehrlich gesagt, ist dieser Beitrag weniger dramatisch, als obige Schlagzeile. Um uns das englische Vokabular im Zusammenhang mit Kriminalität näher zu bringen, organisierte die Schule einen Ausflug zum Gericht.
Treffpunkt war beim Supreme Court, dem höchsten Gericht von Western Australia, umgeben vom schönen Stirling Garden im Zentrum von Perth. Als erstes mussten wir alle elektronischen Geräte deponieren, anschliessend ging es zum District Court, dem Bezirksgericht. Dort besuchten wir zuerst einen leeren Gerichtssaal, wo die verschiedenen Rollen und Positionen erklärt wurden. Wer wie ich an viel altes, knarrendes Holz, unbequeme Stühle und nostalgisches Interieur denkt, liegt falsch. Tatsächlich handelt es sich um einen hochmodernen Raum mit wenig Holz, Teppichboden, bequemen Stühlen für alle ausser die Zuschauer und die Presse und einem Multimediasystem. Wow klingt gut, nicht? Für alle Anwesenden stehen Bildschirme zur Verfügung, auf denen zum Beispiel Beweismaterial vorgeführt wird. Weiter wird die ganze Verhandlung per Mikrofon aufgezeichnet. Eine Person sitzt während der ganzen Verhandlung an ihrem Bildschirm und ist nur für das Sicherstellen der vollen Funktionsfähigkeit besagten Systems zuständig. Sollte ein Mikrofon aussteigen oder sonst etwas nicht funktionieren, wird die Verhandlung umgehend unterbrochen. Der Grund ist offensichtlich: irgendwie muss dokumentiert werden, was wann wie gesagt wurde. Ich war noch nie zuvor in einem Gerichtssaal und daher fand ich es erstaunlich, dass jeder Saal drei Eingänge hat, einen für den Richter, einen für die Angeklagten und einen für die Geschworenen, Besucher und Presse.
Natürlich gingen wir nicht nur zum Gericht, um einen leeren west-australischen Gerichtssaal von innen zu sehen, sondern um einer Verhandlung beizuwohnen. Unser Guide führte uns kreuz und quer durch das moderne elfstöckige Gebäude, im Versuch, einen Saal zu finden. Wir probierten mehrere, konnten aber aus verschiedenen Gründen nicht eintreten, so zum Beispiel weil der Angeklagte eine "high risk person" war und keine grösseren Gruppen erlaubt waren. Schlussendlich konnten wir einen Urteilsspruch mitverfolgen. Hier hatte sich der Angeklagte des Drogen- und Waffenbesitzes sowie des Handelns mit Drogen für schuldig erklärt. Es ging daher nur noch um die Findung des Strafmasses. Die Staatsanwältin, eine sehr schnell sprechende Asiatin, und der Anwalt des Angeklagten versuchten das Strafmass zu verstärken respektive zu mildern. Ganz ehrlich, es war todlangweilig. Im Nachhinein betrachtet jedoch, war es gar nicht so uninteressant. Die Staatsanwältin legte Fakten vor wie etwa, auf dem Bett hätten soundsoviel Gramm Crystal Meth gelegen, auf dem Nachttisch soundsoviel in der Schublade soundsoviel, unter dem Bett eine Shotgun, auf dem Schreibtisch ein Revolver. Auf der anderen Seite argumentierte der Anwalt mit der schwierigen Kindheit seines Mandanten und den gespannten sozialen Verhältnissen zum Umfeld. Bis 2010 hatten sowohl Richter als auch Anwälte eine Perücke und eine schwarze Robe zu tragen. Letztere überstand diese Reform und ist weiterhin Pflichtgarderobe, dies noch so nebenbei bemerkt. Als Abschluss gingen wir in den Old Court, das älteste und für lange Zeit grösste Gebäude von Perth, das viel näher an die oben beschriebene Vorstellung herankommt, wo wir einen echten Mordprozess von Anno 1920-irgendwas nachspielten. Da der Nachmittag frei war, gingen wir, es waren noch sechs unserer Klasse übrig, nach South Perth, um dort ein Barbecue zu veranstalten. Mit gefülltem Magen setzten wir uns hin und redeten und redeten und redeten - mehrere Stunden lang.
Alles in Allem war es ein sehr interessanter und lehrreicher Tag mit einem entspannten und coolen Conversation Club in South Perth.
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